Olivenernte und Erntemethoden
Die Art der Ernte der Oliven und insbesondere der Erntezeitpunkt beeinflussen maßgeblich die spätere Qualität des Olivenöls sowie dessen Geschmack und sind daher extrem wichtige Faktoren bei der Produktion eines erstklassigen Olivenöls der Kategorie Extra Vergine. Je nach Anbaugebiet und Qualitätsbewusstsein findet die Olivenernte ab Ende September bis teilweise in den März hinein statt.
Ein echtes Olivenöl Extra Vergine kann nicht günstig sein. Denn zwischen 70% und 80% der Kosten, die bei der Herstellung entstehen, entstehen durch die Olivenernte. Auch heute noch ist hierbei massiv manueller Aufwand im Spiel, auch wenn sich die maschinelle oder semi-maschinelle Erne inzwischen weitgehend durchgesetzt hat.
Olivenernte per Hand
Bei dieser Methode werden die Oliven im wahrsten Sinne des Wortes per Hand vom Baum gepflückt bzw. von den Zweigen der Olivenbäume gestreift und in einer Art „Umhängetasche“ gesammelt. Teilweise kommen hierbei kleinere Hilfsmittel wie z.B. kleine Rechen zum Einsatz. Dies ist sicherlich die schonendste Methode für Baum und Oliven, da beide hierbei keine Verletzungen erleiden, wird aber aus Kostengründen meist nur von Qualitätsproduzenten oder für Tafeloliven angewendet.
Ernte der Oliven mit pneumatischen Kämmen oder „Vibroli“
In den letzten Jahren kommen v.a. bei Qualitätsproduzenten zunehmend mechanische Geräte wie z.B. pneumatische Kämme (Bild) oder „Vibroli“ (eine Art Stange mit sich bewegenden etwa 20 Zentimeter langen Stäbchen) zum Einsatz welche die Ernte von Hand unterstützen und die weder den Olivenbaum noch die Oliven schädigen. Diese Methoden sind sehr hilfreich und erhöhen Beschleunigen den Ernteprozess.
Olivenernte mit Rüttelmaschinen
Seit einigen Jahren kommen bei der Ernte der Oliven auch sog. „Rüttelmaschinen“ zum Einsatz, welche an Traktoren montiert werden. Wie das Wort „Rüttelmaschinen“ impliziert, werden die Oliven bei dieser Erntemethode durch das Rütteln des Olivenbaums mit einem Rüttler, der den Stamm des Baumes mit einer Zange greift, vom Baum „gerüttelt“ und in darunter gespannten Netzen oder Planen aufgefangen. Nachteil dieser Erntemethode liegt v.a. darin, dass sie nur im flachem Gelände eingesetzt werden kann und im steilen Gelände nicht anwendbar ist. Zudem lassen sich einige Olivensorten durch diese Erntemethode nicht vom Baum lösen. Vorteil dieser Methode ist, dass die Oliven gesund bleiben und nicht beschädigt werden.
„Ernte“ vom Boden
Die am wenigsten geeignete Methode, hochwertiges Olivenöl (Olivenöl Extra Vergine) zu gewinnen ist, Oliven solange am Baum hängen zu lassen, bis diese überreif zu Boden fallen, von wo sie dann aufgelesen werden. Die überreifen Oliven haben dabei schon längst den idealen Erntezeitpunkt überschritten. Werden Oliven zunächst vom Baum geschüttelt, um dann einige Zeit später aufgelesen zu werden, fangen diese relativ schnell an, am Boden zu faulen oder Stoffe aufzunehmen, die den Geschmack negativ beeinflussen. Studien zeigen dass schon eine Vermischung von nur 5% vom Boden aufgelesener Oliven mit frischen Oliven vom Baum die Qualität eines Öls so stark beeinträchtigt, dass oftmals die Güteklasse „Nativ Extra“ nicht mehr erreicht werden kann.
Olivenernte durch „Herabschlagen“
Eine traditionelle Art der Ernte ist das Herabschlagen der Oliven mit langen Bambusstangen und Stöcken aus Zypressenholz. Diese Art Oliven zu ernten ist jedoch nur dann möglich, wenn die Oliven schon sehr reif sind und daher leicht herabfallen. Die heruntergeschlagenen Früchte werden in einer Art Sieb von Zweigen und Ästen getrennt, in Säcke oder Kisten gefüllt und zur nächsten Olivenpresse gebracht. Besonders der Olivenbaum, aber auch die Oliven können bei dieser Methode verletzt werden, was die Qualität des Olivenöls negativ beeinflussen kann. Da diese Methode manuell ausgeführt wird, ist der Ernteertrag pro Person relativ gering. Zudem ist sie relativ mühsam und mit großer körperlicher Anstrengung verbunden.
Zeitpunkt der Olivenernte
Da der Reifegrad der Oliven maßgeblich den Geschmack und die Intensität, aber auch über die Menge des Ertrags beeinflusst, ist der Zeitpunkt der Ernte einer der wichtigsten Faktoren bei der Produktion eines hochwertigen Olivenöl Extra Vergine. Grob kann man festhalten, dass das Olivenöl umso intensiver und umso schärfer wird, je früher – also grüner – die Oliven geerntet werden. Auch der Gehalt an wertvollen, gesundheitsförderlichen Stoffen, ist bei diesen Olivenölen tendenziell höher. Je später – also je schwärzer – die Oliven geerntet werden, desto milder wird das gewonnene Olivenöl. Um den idealen Zeitpunkt zu bestimmen bedienen sich einige Qualitätsproduzenten auch chemischer Analysen welche Aufschluss über den Zuckergehalt in den Oliven sowie die enzymatische Aktivität geben, welche möglichst gering sein sollte. Auch die Menge bzw. der Ertrag von später geernteten Oliven ist in der Regel höher, da diese dann einen höheren Ölgehalt aufweisen. Der Gehalt an wertvollen Inhaltsstoffen – wie z.B. Antioxidantien – ist hier dann jedoch relativ gering.
Der Reifegrad
Der Reifegrad der Oliven hängt dabei von der Sorte, den Temperaturen, den Sonnenstunden und der Bewässerung ab. Man unterscheidet zwischen drei Reifestadien der Oliven:
Grün (unreif): Solange Oliven grün sind, sind sie noch unreif. Aus grünen Früchten Olivenöl zu extrahieren erfordert mehr Aufwand und bedeutet einen geringeren Ertrag. Das macht ein „grünes“ Öl auch automatisch teurer. Aus grünen Oliven gewonnenes Olivenöl schmeckt auch „grün“, d.h. eher bitter (eines der drei positiven Merkmale eines Öls) und nach Gras mit unreifen Fruchtnoten, die eine tolle Frische ergeben. Diese Öle enthalten einen hohen Anteil an den sehr gesunden Polyphenolen (antioxidative Bestandteile), die den bitteren Geschmack ausmachen und eine sehr lange Haltbarkeit des Olivenöls garantieren, da sie als natürliche Konservierungsstoffe funktionieren. Auch der Chlorophyll-Gehalt ist bei grünen Früchten höher, so dass die Öle eine stärker ausgeprägte grüne Farbe haben.
Reifebeginn: Beim Beginn der Reifephase färben sich Oliven erst gelb-grün, dann rötlich-violett und die Früchte werden weicher. Die Oliven haben dann noch immer einen hohen Polyphenol-Gehalt, entwickeln aber langsam etwas reifere Geschmacksnoten neben der Bitterkeit sowie eine gewisse Schärfe (ebenfalls eines der drei positiven Merkmale). Der Ertrag von Olivenöl aus diesen Früchten ist sehr viel höher und die Verarbeitung einfacher.
Schwarz (reif): Reife Oliven nehmen eine schwarze Farbe an, der Polyphenol-Gehalt ist deutlich geringer als bei unreifen Früchten. Öle aus schwarzen Oliven sind nur wenig bitter und scharf mit eher süßlichen Noten. Die Öle haben eine eher goldene Farbe (abhängig von der Olivensorte) und eine sehr viel geringere Haltbarkeit.